Der Förster Johann Franz Knipschildt in Dänemark
Ein für das Sauerland typischer Familienname ist der Name Knipschild (auch: Knippschild) – auch über Sauerland hinaus bekannt durch einen früheren Tennisspieler und ein Mescheder Busreiseunternehmen. Die Namenverbreitungskarte für die Namen Knipschild und Knippschild 1890 und 1996 lässt noch gut das Sauerland aus Herkunftsgebiet erkennen, von wo sich der Name nach Hessen, ins Ruhrgebiet und nach Westfalen weiter verbreitet hat. Einstweilen darf man wohl davon ausgehen, dass alle Namensträger jenem Hermann Knipschild abstammen, der um 1470 wohl in Goddelsheim geboren wurde und zwischen 1551 und 1554 starb. Unter seinen Nachkommen finden sich zunächst über mehrere Generationen zahlreiche Gografen und Richter, darunter:
- Johann Knipschild, 1534-1580 Gograf in Medebach
- Bernhard Knipschild, 1580-1596 Richter in Medebach
- Arnold Knipschild, 1596-1644 Richter in Medebach
- Heinrich Knipschild, gestorben 1674, Richter in Bödefeld
- Dr. Philipp Knipschild, 1637-1657 Syndicus der Reichsstadt Esslingen
Neben den katholischen Sauerländer Knipschild gab es seit dem 16. Jahrhundert auch evangelische Namensträger in der Grafschaft Waldeck, und in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts finden sich mehrere katholischen Namensträger in den Niederlanden, für die eine Herkunft aus dem Sauerland anzunehmen ist.
Auch in Dänemark gibt es bis heute Namensträger Knipschildt, darunter die Fotografin Julia Knipschildt und den Chocolatier Fritz Knipschildt, auf die ich durch einen DNA-Treffer aufmerksam geworden bin. Die dänischen Namensträger Knipschildt scheinen alle auf den skovrider (Förster) Johann Franz Knipschild zurückzugehen, der im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts in Dänemark auftaucht. Zu ihm und seiner Familie finden sich auf allerlei Internetseiten und in allerlei Datenbanken diverse Angaben, etwa, dass er am 3. April 1741 in Brabecke im Sauerland geboren und am 2. September 1809 in Ganneskovgaard verstorben sei. Leider finden die verfügbaren Angaben, die wohl einer vom anderen abgeschrieben hat, in den Quellen keine Bestätigung. Daher soll an dieser Stelle zunächst dargestellt werden, was über den Förster Johann Franz Knipschildt sicher feststellbar ist.
Das Register zur Volkszählung von 1787 nennt die Familie Knipschildt in der Pfarrei Krogsbølle: Im Lundehuset wohnten in jenem Jahr der Förster Johann Franz Knipschild, 46 Jahre alt, seine Frau Christine Magdalene Schnorlen, 32 Jahre alt, und die Kinder Franz Carl (5 Jahre), Anna Catharina Dorothea (3 Jahre) und Georgine (1 Jahr), außerdem eine Magd („tjenestepige“). 14 Jahre später, im Jahr 1801, lebte die Familie in der Pfarrei Alslev, und zwar in Alsløv Bye: Neben dem Förster und „huusmand“ Johann Franz Knipschild (60 Jahre alt), seiner Frau Kierstine Magdalena Snoven (46 Jahre) werden im Volkszählungsregister nun zusätzlich zu den schon bekannten drei Kindern noch die Söhne Joachim Godske (11 Jahre) und Adam Wilhelm (7 Jahre) genannt.
Ausgehend von den Volkszählungsdaten lassen sich anhand der Kirchenbücher von Krogsbølle und Fakse weitere Daten ermitteln, so dass sich die Familie derzeit so darstellt:
Johann Franz Knipschild wurde etwa 1739 [lt. Sterberegister] oder 1741 [laut Volkszählungen] geboren. Vor 1782 heiratete er Christine Magdalene Schnoren oder Snoven. 1782 wohnte Johann Franz Knipschild auf Schloss Einsidelsborg, von 1784 bis 1793 im Lundehuset (beides Pfarrei Krogsbølle), 1801 in Alsløv Bye, Pfarrei Alslev. In dieser Zeit wird er immer als Förster bezeichnet. Er starb als „Pensionär“ am 11. November 1814 [nicht 1809, wie sonst behauptet] im Gyllemosehus und wurde drei Tage später, am 14. November 1814, in Fakse gegraben [Quelle: Kirchenbuch Fakse, Hovedministerialbog 1814-1891, S. 482]. Seine Frau überlebte in um mehrere Jahre und starb am 16. Dezember 1822 in Tureby.
Alle fünf Kinder wurden in Krogsbølle getauft:
- Franz Carl Knipschild, geboren auf Schloss Einsidelsborg, getauft am 30. Juni 1782 in Krogsbølle (Paten: … aus Kopenhagen; … Nellemann aus Einsidelborg)
- Anna Catharine Dorothea Knipschild, geboren auf Lundehuset, getauft am 13. Mai 1784 in Krogsbølle (Paten: die älteste Tochter des Pfarrers; Herr Kammerrat Holm; Herr Nellemann; Herr Verwalter Hendrichsen auf Einsidelborg)
- Georgine Knipschild, geboren auf Lundehuset, getauft am 23. Juli 1786 in Krogsbølle (Paten: Geheimrat Joachim Godsche von Moltke zu Einsidelborg; Generalleutnant Georg Caspar Hermann Gottlob von Moltke; Generalleutnant Christian Friedrich Magnus Georg von Moltke)
- Joachim Godsche Knipschild, geboren auf Lundehuset, getauft am 17. April 1789 in Krogsbølle (Paten: Madame Skaarup von Kiorup; Verwalter Skaarup von Kiorup, Verwalter Holst von Einsidelborg; … Hansen von Kiorup)
- Adam Wilhelm Knipschild, geboren auf Lundehuset, getauft am 23. August 1793 in Krogsbølle (Paten: schwer zu lesen; auf jeden Fall mehrere Paten von Einsidelborg, darunter ein Kammerdiener)
Die Paten – vor allem die Paten im Jahr 1786 – und die Namen der Kinder Georgine, Joachim Godsche und Adam Wilhelm zeigen eine enge Verbindung zur Familie von Moltke, die von 1781 bis 1795 im Besitz von Schloss Einsidelsborg war. Es scheint, dass Johann Franz Knipschild in Diensten der Familie von Moltke – einer der damals führenden Familien Dänemarks – stand; er dürfte also um 1781 nach Einsidelsborg / Krogsbølle gekommen sein. Dazu passt, dass Knipschild nach dem Verkauf von Einsidelsborg durch die Familie von Moltke nicht mehr dort zu finden ist, sondern in Alslev (1801) bzw. Fakse (1809).
Zur Herkunft des Johann Franz Knipschild gibt es aber leider bislang keinen Hinweis – abgesehen vom Familiennamen, der auf das Sauerland verweist, und einer einer DNA-Übereinstimmung zwischen seinen Nachkommen und Sauerländer Knipschild-Nachkommen. Zusätzlich aufschlussreich wäre ein Vergleich des Y-Chromosoms von Sauerländer Knipschild und dänischen Knipschildt. Die im Internet verschiedentlich zu findende Angabe, Johann Franz Knipschild sei 1741 als Sohn von Wilhelm Knipschild in Brabecke geboren, ist falsch und frei erfunden. Einstweilen kann man nur vermuten, dass Johann Franz Knipschildt möglicherweise zunächst als Soldat in dänischen Diensten stand, auf diese Weise in Kontakt zur Familie von Moltke kam (mehrere Moltkes waren hohe dänische Offiziere) und schließlich in deren Dienst getreten ist.
Woher stammt nun der dänische Förster Franz Knipschild? In den Kirchenbüchern von Remblinghausen und Bödefeld im Sauerland, wo im 18. Jahrhundert eine ganze Reihe von Namensträgern Knipschild lebte, findet sich kein Taufeintrag für einen Franz Knipschild im fraglichen Zeitraum. In Medebach aber ließen Heinrich Knipschild, Bürgermeister und Advokat, und seine Frau Anna Maria Weddemann am 11. März 1742 ihren ersten Sohn Johann Franz Knipschild taufen. Allerdings wurde nur gut 13 Monate später, am 26. April 1743, ein weiteres Kind der Familie getauft, und häufig ist eine solch kurze Geburtenfolge ein Hinweis daraus, dass das frühere Kind bald nach der Geburt verstorben ist. Das ist natürlich nicht immer so; es gibt, wenn auch selten, Belege für Geburten im Abstand von etwas mehr als einem Jahr, ohne dass das ältere Kind verstorben ist. Leider sind die Sterberegister von Medebach aus dieser Zeit nicht erhalten, so dass sich nicht überprüfen lässt, ob der 1742 geborene Franz Knipschild bald nach der Geburt verstorben ist oder nicht. Vom Alter her aber könnte der 1742 in Medebach geborene Franz Knipschild mit dem späteren Förster Franz Knipschild in Dänemark identisch sein, und bis zum Beweis des Gegenteils sei dies einstweilen die Hypothese
Alternativ wäre vielleicht eine Verbindung über die Knipschild in Breda möglich, die dort schon Anfang des 18. Jahrhunderts auftauchen, ohne dass sich die Verbindung ins Sauerland derzeit klären lässt, oder über Johann Adam Knipschild aus Brabecke, getauft am 18. Oktober 1716 in Bödefeld, der 1741 als Soldat in Trierischen Diensten als Vater eines unehelichen Kindes in Trier, St. Walburga, genannt wird. Vielleicht hilft irgendwann ein Zufallsfund zur Klärung.
Wenn die Annahme zutritt, dass der dänische Förster aus Medebach stammt, dann sind Heinrich Knipschild (ca. 1600-1674), kurfürstlicher Richter zu Bödefeld, und dessen Frau Anna von Hanxleden aus der Bödefelder Bastardlinie der verbreiteten Sauerländer Adelsfamilie von Hanxleden die gemeinsamen Vorfahren der dänischen Knipschildt und ihrer deutschen Namensvetter.
Mit einer Nachfahrin des dänischen Försters Franz Knipschildt haben Mitglieder meiner Familie noch 7,2 cM DNA auf Chromosom 17 gemeinsam. Die Verwandtschaft im Grade 10C ist in der Tat sehr weitläufig und das Segment erscheint zunächst sehr kurz, aber es befindet sich im Verbund einer Gruppe von mehr als einem Dutzend größeren DNA-Segmenten (und überschneidet sich teilweise damit), die alle sicher auf Kaspar Kemper gen. Jürgensmann (1803-1865) zurückgeführt werden können. Da außerdem die Nachfahrin des dänischen Försters Franz Knipschildt ansonsten gar keine Vorfahren aus dem Sauerland (und überhaupt aus Deutschland) hat, spricht dies trotz des großen Generationsabstands für die Richtigkeit der Zuordnung.
Interessanterweise besteht amerikanischen Nachfahren der Richterfamilie Knipschild ebenfalls eine DNA-Übereinstimmung, und zwar 10,6 cM auf Chromosom 14. Auch hier handelt es sich um die einzige feststellbare Ahnengemeinschaft, was es zumindest möglich macht, dass auch dieses Segment auf Heinrich Knipschild und Anna von Hanxleden zurückgeht. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die Zusammenhänge und die festgestellten DNA-Übereinstimmungen:

Mit Dank an hilfreiche Genealogen aus Dänemark!