DNA-Genealogie 6: Wie kann man Vorfahren mit Hilfe der DNA identifizieren?
Nachdem ich gestern einige Beispiele zusammengestellt habe, wie mit Hilfe der DNA-Genealogie unbekannte Vorfahren – uneheliche Väter beispielsweise – identifiziert werden konnten, bin ich gefragt worden, ob ich die Vorgehensweise nicht auch auf Deutsch erklären könnte. Gerne will ich es versuchen.
Am wichtigsten für die Suche nach unbekannten Vorfahren ist die atDNA (die DNA der Chromosomen 1 bis 22). Bei Gedmatch.com, in den Ergebnislisten des „Family Finder“ von FTDNA, bei AncestryDNA etc. kann man nach sogenannten „matches“ suchen bzw. bekommt sie angezeigt; damit sind andere Personen gemeint, mit denen man eine größere oder kleinere Menge an DNA gemeinsam hat. Dabei gilt: Je näher die Verwandtschaft, desto mehr DNA hat man gemeinsam; je weiter die Verwandtschaft, entsprechend um so weniger. Die Länge von DNA-Abschnitten wird in CentiMorgan (abgekürzt: cM) angegeben. Geschwister haben etwa 2.550 cM gemeinsame DNA, Cousins durchschnittlich etwa 850 cM, Cousins 2. Grades etwa 212 cM, Cousins 3. Grades etwa 53 cM (eine Übersicht über Durchschnittswerte je nach Verwandtschaftsgrad bei ISOGG).
Wenn man nun in den Trefferlisten von GedMatch.com etc. nahe Verwandte findet – etwa Vettern 2. oder 3. Grades -, überprüft man, wie hier die Verwandtschaft genau begründet ist (die Ergebnislisten ermöglichen die Kontaktaufnahme per E-Mail). Bei dieser relativen nahen Verwandtschaft lässt sich in der Regel rasch klären, wie man verwandt ist (Cousins 2. Grades = gemeinsame Urgroßeltern, 3. Grades = gemeinsame Ururgroßeltern).
Wenn nun beispielsweise die Herkunft eines Großelternteils unklar ist – etwa weil ein Großelternteil unehelich geboren wurde, ohne dass der Vater genannt wurde -, gilt es nun, bislang unbekannte Verwandte zu finden, die mit dem unbekannten Urgroßvater (um im Beispiel zu bleiben) verwandt sind.
Angenommen, ein Urgroßvater wird gesucht. Wenn in der Trefferliste nun ein Cousin 2. oder 3. Grades auftaucht, der keinem der bekannten sieben anderen Urgroßeltern als Nachkomme oder Verwandter zugeordnet werden kann, dann muss es sich um einen Verwandten des bislang unbekannten Urgroßvaters handeln. Dann wäre also die Ahnentafel des neu gefundenen Cousins 2. oder 3. Grades zu erstellen und zu vergleichen, welcher von dessen Ur- oder Ururgroßeltern mit dem unbekannten eigenen Urgroßvater identisch sein könnte. Anhand des Kriteriums der räumlichen Nähe oder Ferne ist hier oft eine erste Eingrenzung möglich.
Eventuell müsste man jetzt weitere eigene Verwandte oder Verwandte des entfernten Cousins für einen DNA-Test gewinnen, um anhand von diesen Ergebnissen näher einzugrenzen, wer als Verwandter in Frage kommt.
Auch bei noch weiter entfernten „Treffern“ – etwa Cousins 4. Grades – kann diese Vorgehensweise genutzt werden, nur ist die Nachforschung dann natürlich ggf. aufwendiger.
Sollte der gesuchte Vorfahre in direkter männlicher LDinie sein, könnte zusätzlich ein Abgleich der yDNA erfolgen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, wenn man schon einen Verdacht hat, wer der gesuchte Vorfahre ist, nach weiteren Nachkommen oder Verwandten von diesem zu suchen und diese dann gezielt zu einem DNA-Test zu motivieren. Die Ergebnisse sind dann wie oben beschrieben zu vergleichen und auszuwerten.
Der Erfolg dieser Methode hängt einzig und allein davon ab, dass in den Trefferlisten genügend „Matches“ erscheinen – je mehr Menschen einen DNA-Test machen lassen und ihre Ergebnisse bei GedMatch.com etc. einstellen, desto größer sind die Chancen, einen gesuchten Vorfahren zu identifizieren.